Die Automated Optical Inspection (AOI) ist ein etabliertes Verfahren der automatisierten visuellen Qualitätskontrolle, das insbesondere in GMP (Good Manufacturing Practice)-regulierten Produktionsumgebungen der Pharmaindustrie eingesetzt wird. In der Pharmaindustrie ist dafür auch der Begriff Automated Visual Inspection (AVI) gebräuchlich; regulatorische Leitlinien sprechen allgemein von „(visueller) Inspektion“.
AOI beruht auf der automatisierten Bildverarbeitung, gestützt durch optische Sensoren und maschinelle Auswertungsalgorithmen. Ziel ist es, die Qualitätssicherung zu automatisieren, zu beschleunigen und Fehler mit höchster Genauigkeit zu erkennen. Mit Hilfe moderner Technologien in der Bildgebung und -verarbeitung können AOI-Systeme selbst kleinste visuell erkennbare Defekte identifizieren – etwa Partikel, Füllstandsabweichungen oder Oberflächenfehler.
Dadurch ist Automated Optical Inspection der manuellen Prüfung in weiten Teilen überlegen. Häufige Einsatzgebiete der automatischen optischen Inspektion sind neben der Produktion von pharmazeutischen Produkten und Verpackungen die Halbleiterfertigung, die Lebensmitteltechnik, die Elektrotechnik sowie die Automobil- und Luftfahrtindustrie.
AOI in der Pharmaindustrie
In der Pharmaindustrie kommen AOI-Systeme häufig zum Einsatz, um die Güte und Fehlerfreiheit von Oberflächen zu prüfen. Eine zentrale Aufgabe ist die Qualitätssicherung: Mit Hilfe automatischer visueller Inspektion lassen sich Verpackungsdefekte, Verunreinigungen, Fremdpartikel, Füllstandsabweichungen und andere Fehler erkennen.
Besondere Relevanz hat das Verfahren in der Pharmabranche, weil zum Beispiel für sterile Produkte besonders strenge Qualitätsstandards gelten, insbesondere in der aseptischen Abfüllung, wo AOI-Systeme dazu beitragen, höchste Reinheits- und Sicherheitsstandards gemäß GMP zu gewährleisten.
Für parenterale Arzneimittel schreibt EU-GMP Annex 1 (Ziff. 8.30) vor, dass alle gefüllten Behältnisse einzeln auf Partikel und weitere Defekte visuell zu prüfen sind (100%-Inspektion). Automatisierte Verfahren dürfen eingesetzt werden, müssen aber validiert und mindestens gleichwertig zur manuellen Inspektion sein (Annex 1 8.32).
Mit entsprechender Technik ausgestattet, können AOI-Systeme deutlich kleinere Fehler als das menschliche Auge erkennen und ermöglichen eine objektive, reproduzierbare Inspektion. Ergänzend kommen sie häufig parallel zu stichprobenbasierten manuellen Kontrollen zum Einsatz.
Die Technik ist zugleich effizienter als die vergleichsweise aufwendige manuelle Sichtkontrolle unter standardisierten Bedingungen gemäß USP <790>. In der Folge führt Automated Optical Inspection in der Pharmabranche häufig nicht nur zu einer höheren Produktqualität, sondern auch zu sinkenden Produktionskosten.
Sie erfüllt darüber hinaus weitere branchenspezifische Anforderungen an Patientensicherheit und Compliance, unter anderem durch hohe Reproduzierbarkeit und Objektivität der Ergebnisse.
Funktionsweise der Automated Optical Inspection
AOI-Systeme können komplex oder einfach gestaltet sein, je nach Anspruchsniveau des Produktionsbetriebs. Im Allgemeinen steht hinter der AOI ein mehrstufiger Prozess, der vollautomatisiert abläuft.
- Bildaufnahme: Dies erfolgt im ersten Schritt durch leistungsfähige optisch-digitale Verfahren. Gegebenenfalls kommen zusätzliche Hilfsmittel wie Beleuchtungen und Vergrößerungslinsen zum Einsatz.
- Bilderkennung und -verarbeitung: Im nächsten Schritt folgt die Bildverarbeitung. Einfache Modelle nehmen einen Ist-Soll-Abgleich vor, komplexere AOI-Systeme nutzen KI-Funktionen und maschinelles Lernen, um Defekte oder Verunreinigungen zu erkennen.
- Entscheidung: In der Regel übernehmen AOI-Systeme nicht nur die Prüfung, sondern auch die automatisierte Entscheidung. Zum Beispiel sortiert die Technik fehlerhafte Produkte aus oder klassifiziert die Produkte nach Güte.
- Dokumentation: Abschließend erstellt das System Prüfprotokolle. Diese lassen sich nutzen, um Unregelmäßigkeiten in der Produktion zu identifizieren oder das Verfahren weiter zu verbessern. Je nach Bedarf kann die Automated Optical Inspection in größere Qualitätssysteme integriert werden.
Einsatzgebiete von AOI-Systemen
In der Pharmaindustrie kommt die automatische visuelle Inspektion verbreitet zum Einsatz, insbesondere zur Prüfung von Arzneimitteln, Verpackungen und Etiketten. Diese erfolgt häufig als Endkontrolle nach Abschluss der Produktion. Es kommt aber auch vor, dass Zwischenprodukte mit Hilfe von AOI-Systemen geprüft werden.
Beispiele für AOI-Einsatz aus dem Bereich der Pharmaindustrie
Ein zentrales Einsatzgebiet von AOI-Prüfungen in der Pharmaindustrie sind visuelle Kontrollen von Primärverpackungen wie BFS-Behältern, Vials und Bördelkappen.
Injektionspräparate lassen sich zum Beispiel sehr gut automatisiert optisch prüfen, etwa auf die Freiheit von Fremdpartikeln. Ebenso können typische Defekte wie Glasbruch, falsche Füllhöhen und ähnliche Probleme erkannt werden. Solche Inspektionen sind üblicherweise innerhalb von Sekundenbruchteilen abgeschlossen.
Vorteile von Automated Optical Inspection
AOI-Systeme bieten vier wesentliche Vorteile – Präzision, Geschwindigkeit, lückenlose GMP-konforme Dokumentation und Effizienz in der Qualitätssicherung.
- Präzision: AOI-Systeme gelten als weitaus genauer und zuverlässiger als menschliche Sichtkontrollen.
- Geschwindigkeit: Moderne AOI-Systeme sind durch leistungsfähige Optiken und Algorithmen in der Lage, tausende Einheiten pro Stunde zu prüfen.
- Dokumentation: Das System erstellt einen lückenlosen Audit-Trail, was Vorteile für die Compliance und Rückverfolgbarkeit mit sich bringt.
- Effizienz: AOI reduziert laufende Kosten für Personal, erhöht die Produktqualität und senkt die Fehlerquote, wenn die Erkenntnisse aus der Analytik für die Optimierung genutzt werden.
Nachteile von AOI
Mit dem Einsatz von AOI können auch einige Nachteile verbunden sein. Neben hohen Investitionskosten erfordert der Einsatz eine sorgfältige Systemvalidierung (IQ/OQ/PQ) sowie kontinuierliche Kalibrierung zur Minimierung von Fehlklassifikationen. Letztere lassen sich aber durch Optimierung der Technik minimieren.