Biotechnologie - Beispiele, Definition & Entwicklungen
Zuletzt aktualisiert: 16 Dezember 2025
Biotechnologie umfasst den Einsatz biologischer Systeme, Organismen oder deren Komponenten (z. B. Zellen, Enzyme), um biologische Vorgänge gezielt für industrielle, medizinische oder technische Anwendungen nutzbar zu machen. Verschiedene Wissenschaften, zu denen beispielsweise die Biologie, die Chemie, die Physik, die Verfahrenstechnik und zunehmend auch die Bioinformatik zählen, bilden die Grundpfeiler biotechnischer Verfahren. Oft wird sie abgekürzt als „Biotech“ bezeichnet.
Um die Vielzahl an Anwendungsfeldern greifbarer zu machen, hat sich in der Fachwelt eine inoffizielle Farblehre etabliert. Zur Einordnung der vielfältigen Anwendungsgebiete wird häufig eine informelle ‚Farblehre‘ genutzt: rote (medizinische), grüne (landwirtschaftliche) und weiße (industrielle) Biotechnologie. Weitere Farbbegriffe wie ‚blaue Biotechnologie‘ (marine Organismen) oder ‚graue Biotechnologie‘ (Abfall- und Recyclingprozesse) werden ebenfalls verwendet, wenngleich seltener. Diese Einteilung dient lediglich der Orientierung und ist nicht offiziell normiert.
In welchen Branchen kommt Biotech zum Einsatz?
Pharmazie: Biotechnologische Verfahren sind in der modernen Arzneimittelentwicklung zentral, insbesondere für biopharmazeutische Produkte wie Impfstoffe, Antikörper und rekombinante Proteine. Impfstoffe, Antikörper und rekombinante Proteine werden überwiegend mithilfe biotechnologischer Verfahren effizient und in großem Maßstab hergestellt. Erkrankungen wie Diabetes können durch biotechnologisch hergestellte Arzneimittel – etwa Insulin – effektiv behandelt werden und ermöglichen eine zuverlässige Versorgung von Patientinnen und Patienten.
Nahrungsmittelindustrie: Um Lebensmittel herzustellen, zu konservieren oder sensorisch zu optimieren, nutzt die Lebensmittelindustrie biotechnische Verfahren. Sie ermöglichen eine wirtschaftliche Herstellung vieler Lebensmittel in gleichbleibender Qualität und großen Mengen. Biotechnologische Verfahren erhöhen die Effizienz vieler Produktionsprozesse in der Lebensmittelindustrie und tragen zur Kostensenkung und Qualitätssteigerung bei.
Kosmetik: Die Kosmetikbranche nutzt Biotech, um Inhaltsstoffe mit spezifischen Eigenschaften für unterschiedliche Anforderungen zu konzipieren und in großen Mengen zu produzieren. Hier können biotechnologisch erzeugte Inhaltsstoffe wie Peptide, Enzyme oder Vitamine genutzt werden. Diese biotechnologischen Erzeugnisse werden beispielsweise in Haut- und Haarpflegeprodukten eingesetzt.
Chemiebranche: Nachhaltigere und effizientere Produktionswege etabliert die chemische Industrie zunehmend mithilfe biotechnologischer Verfahren, die klassische chemische und physikalische Technologien ergänzen. Chemieunternehmen setzen etwa Mikroorganismen und/oder Enzyme ein, um Feinchemikalien, Biokraftstoffe und Bioplastiken zu synthetisieren. Dies reduziert den Verbrauch fossiler Ressourcen und etabliert umweltfreundlichere Prozesse.
Umwelttechnik: In der Umwelttechnik trägt Biotech dazu bei, ökologische Herausforderungen zu bewältigen. Sie ermöglicht beispielsweise die biologische Reinigung von Abwässern und die Sanierung verschmutzter Böden und Gewässer durch Bioremediation. Biokatalysatoren werden zur Umwandlung oder Abreicherung bestimmter Schadstoffe eingesetzt, was Emissionen reduzieren kann.
Anwendungsfälle aus dem Alltag: Wo begegnet uns Biotech?
Biotechnologie beschränkt sich nicht auf Labore oder bestimmte Produktionsbetriebe. Stattdessen umgibt sie jeden Menschen täglich und oft unbemerkt. Viele Anwendungsfälle sind längst in alltägliche Abläufe integriert und beeinflussen verschiedenste Lebensbereiche. Im Folgenden werden drei Alltagsfälle vorgestellt:
Wie kann Kleidung antibakteriell wirken? Die Antwort: durch Biotech! Textilfasern können mit Enzymen oder biobasierten Beschichtungen behandelt werden, um antibakterielle oder geruchshemmende Eigenschaften zu erzielen. Hierfür werden Textilfasern mit Enzymen, biobasierten Beschichtungen und – je nach Produkt – auch chemisch-synthetischen Additiven behandelt; biotechnologische Verfahren können dabei helfen, den Einsatz klassischer Biozide zu reduzieren.
Optimierte Düngemittel, widerstandsfähigere Pflanzen und biologische Pflanzenschutzmittel sind auf biotechnologische Verfahren zurückzuführen. Die Erzeugnisse kommen zunächst der Landwirtschaft und dann den Verbrauchern zugute. Biotechnologische Verfahren leisten einen wichtigen Beitrag zur Verfügbarkeit und Nachhaltigkeit von Lebensmitteln.
Zahnpasten und Mundspülungen können biotechnologisch gewonnene Bestandteile enthalten, etwa spezielle Enzyme und – in einigen Produkten – probiotische Bakterien. Solche Formulierungen nutzen biologische Mechanismen, um schädliche Keime abzubauen, Plaque zu lösen und die Mundflora gezielt zu beeinflussen.
Diese Beispiele zeigen nur einen kleinen Ausschnitt der Anwendungsbereiche. Es ist kaum möglich, einen vollständigen Überblick zu geben - zu breit gefächert sind die Bereiche, in denen Biotech ein fester Bestandteil des Alltags ist.
Die wichtigsten Methoden im Überblick
Gentechnik: Verfahren zur gezielten Veränderung des Erbguts von Organismen. Forscher können Gene in diese einfügen, entfernen oder verändern, um bestimmte Eigenschaften zu erzeugen oder zu entfernen.
Fermentation: Mikrobielle oder enzymatische Umwandlung organischer Stoffe in Bioreaktoren, etwa zur Herstellung von Antibiotika, Enzymen oder Alkohol.
PCR (Polymerase-Kettenreaktion): Methode, um bestimmte DNA-Abschnitte innerhalb kurzer Zeiträume zu vervielfältigen. Bildet die Grundlage für eine Vielzahl an diagnostischen und analytischen Verfahren.
CRISPR/Cas9: Werkzeug, mit dem Forscher das Genom von Organismen gezielt editieren. Revolutioniert Forschung und eröffnet neuartige Forschungs- und Therapieansätze. Erste CRISPR/Gentherapien sind bereits zugelassen, während viele weitere Ansätze weiterhin klinisch geprüft werden.
Zell- und Gewebekulturen: Züchten von Zellen außerhalb eines Organismus unter Laborbedingungen. Zentrale Methode in der Medizin und Grundlagenforschung.
Klonierung: Erzeugung identischer Kopien von DNA-Abschnitten oder Zellen. Dies ist insbesondere in der Grundlagenforschung und bei der gentechnischen Herstellung von Wirkstoffen bedeutsam. In der Tierzucht wird die Klonierung vor allem in spezialisierten Zuchtprogrammen und Nischenanwendungen eingesetzt; hohe Kosten, technische Komplexität sowie regulatorische und ethische Anforderungen begrenzen bislang eine breite Nutzung, insbesondere in der Lebensmittelproduktion.
Bioreaktor: Geschlossenes System, um Mikroorganismen oder tierische bzw. pflanzliche Zellen in industriellem Maßstab zu kultivieren. Diese produzieren Enzyme, Proteine oder andere biotechnologische Wirkstoffe, die in der pharmazeutischen Produktion typischerweise in nachgelagerte aseptische Abfüllprozesse überführt werden, etwa in Blow-Fill-Seal-(BFS)-Systeme. Solche geschlossenen, validierten Prozesse minimieren das Kontaminationsrisiko und tragen dazu bei, die geforderte Sterilität der Produkte sicherzustellen.
Aktuelle Entwicklungen und Perspektiven
Die Biotechnologie zählt zu den innovativsten und am schnellsten wachsenden Branchen weltweit. Fortschritte in der Molekularbiologie, Bioinformatik, Nanotechnologie und Automatisierungstechnik haben in den vergangenen Jahren nicht nur die Forschung beschleunigt, sondern auch neue industrielle Anwendungsbereiche eröffnet. Besonders dynamisch entwickeln sich derzeit personalisierte Therapien im medizinischen Fachbereich, etwa durch Genomsequenzierung, mRNA-Technologien und zellbasierte Behandlungsansätze. Auch die Entwicklung sogenannter Biologika und Biosimilars schreitet weiter voran.
Derweil arbeitet die Industrie intensiv daran, geschlossene Kreislaufsysteme zu etablieren. Biotechnologische Prozesse sollen helfen, fossile Brennstoffe zu ersetzen, CO₂ als Rohstoff nutzbar zu machen und Produktionsprozesse nachhaltiger zu gestalten. In der Nahrungsmitteltechnologie eröffnen Verfahren wie die sogenannte Precision Fermentation oder die Kultivierung tierischer Zellen (Cell-based Meat) neue Möglichkeiten, um künftig tierische Produkte mit geringerem Ressourcenverbrauch und potenziell geringerer Umweltbelastung herzustellen. Die tatsächlichen ökologischen und ethischen Effekte dieser Technologien werden derzeit jedoch noch intensiv wissenschaftlich und regulatorisch bewertet.