Aseptische Herstellung – sterile Produktion unter Reinraumbedingungen

Zuletzt aktualisiert: 17 Dezember 2025

Als aseptische Herstellung bezeichnet man den Prozess der Produktion steriler Produkte unter Bedingungen, die darauf abzielen, eine mikrobiologische Kontamination zu verhindern und die Sterilität des bereits sterilisierten (z. B. filtrierten) Produkts bis zur finalen Versiegelung aufrechtzuerhalten. Dabei werden alle Arbeitsschritte, angefangen bei der Sterilisation der Ausgangsstoffe bis hin zum Verschluss der Behälter, so gestaltet, dass eine mikrobielle Kontamination der Produkte ausgeschlossen wird.

Dieser Vorgang ist vor allem in der Pharma- und Medizintechnik erforderlich, wenn Arzneimittel oder flüssige Zubereitungen hitzeempfindlich sind oder nicht im verschlossenen Endbehälter sterilisiert werden können.

Anstelle einer nachträglichen Sterilisation wird deshalb eine lückenlose Prozesskontrolle umgesetzt: Alle produktberührenden Komponenten werden vor der Abfüllung sterilisiert oder unter aseptischen Bedingungen aufbereitet und während des gesamten Herstellungsprozesses abgeschirmt. Jede noch so kleine Schwachstelle birgt ein Risiko, weshalb strenge aseptische Arbeitsregeln gelten.

Die Grundprinzipien

  • Kontrollierte Umgebung: Die Produktion erfolgt in Reinräumen mit laminarem Luftstrom, definierter Luftwechselrate und Druckdifferenz zur Umgebung sowie HEPA-Filtern, um das Risiko mikrobieller Kontaminationen zu minimieren.
  • Sterilisation von Material: Alle im Prozess verwendeten Rohstoffe, Behälter und Werkzeuge werden vorab sterilisiert (beispielsweise durch Dampfsterilisation, Ethylenoxid oder Bestrahlung; H₂O₂ dient typischerweise zur Dekontamination von Oberflächen und Isolatoren), damit keine Mikroorganismen eingebracht werden.
  • Aseptische Arbeitsweise: Speziell geschultes Personal trägt Schutzkleidung (Kittel, Haarnetze, Mundschutz) und befolgt strenge Reinraumanweisungen. Auf diese Weise wird eine Kontamination der Produkte verhindert.
  • Prozessvalidierung: Regelmäßige Tests (z. B. Sterilitätstests und Media-Fill-Studien) sowie kontinuierliches Umweltmonitoring bestätigen, dass die aseptische Produktion zuverlässig keimfreie Produkte liefert. Media-Fill-Studien simulieren die aseptische Abfüllung, um die Keimfreiheit des Prozesses zu belegen.

Jedes dieser Elemente trägt zur Reduzierung von Kontaminationsrisiken bei. Durch die Reinraumtechnik (klassifizierte Luftströme) werden Partikel und Mikroorganismen in der Luft nahezu eliminiert. Die vorgelagerte Sterilisation sorgt dafür, dass das Produkt selbst keimfrei ist, bevor es in die Produktionsumgebung gelangt. Strenge Verfahrensregeln und Absperrungen halten Personal und Materialien fern. Schließlich belegen Validierungsstudien (Media-Fills) die Wirksamkeit des Gesamtsystems unter Worst-Case-Bedingungen.

Herstellungsumgebung

Der Herstellungsprozess findet in einem Reinraum statt. Hier gelten meist Reinraumklasse A (ISO 5) in den kritischen Füllbereichen, umgeben von Zone B (typisch ISO 7) als Umgebungspuffer. Übliche Konzepte umfassen dabei sterile Isolatoren oder Laminarflow-Abfüllplätze; Sicherheitswerkbänke dienen ergänzend dem Personalschutz. Außen angrenzende Zonen (Klasse C/D) dienen als Puffer, und die Zugänge sind streng geregelt: Personal und Material durchlaufen separate Schleusen.

In den Personalschleusen (Gowning) wird die Reinraumkleidung stufenweise angelegt; Materialschleusen dienen der Dekontamination. Alle Oberflächen wie Wände, Böden und Arbeitsflächen sind glatt und leicht zu reinigen. Mobile Ausrüstungen und Behälter werden vor dem Reinraumeinsatz zumeist autoklaviert oder mit sterilisierbaren Kunststoffhüllen versehen.

In diesem Umfeld erzeugen HEPA-Filter laminare Luftströme, die Partikel kontinuierlich aus der Produktionszone abführen. Ständiges Monitoring von Luftkeimen und Partikeln dokumentiert die Reinheit der Produktion. Alle diese Maßnahmen schaffen die Voraussetzungen für eine erfolgreiche aseptische Produktion.

Prozess

Der Ablauf einer aseptischen Herstellung gliedert sich in Vorbereitung, Sterilisation und Abfüllung. Zunächst werden alle Lösungsmittel, Puffer und andere flüssige Komponenten typischerweise durch 0,22 µm-Sterilfilter mikrobiell gereinigt. Pulver und Feststoffe können in Vakuumtrocknern oder Autoklaven sterilisiert werden. Nach der Sterilaufbereitung kommen alle Komponenten unter geschützten Bedingungen in den Reinraum.

In der Abfüllphase wird das keimfreie Produkt in sterilisierte Primärbehälter (z. B. Glasampullen, Kunststofffläschchen, Infusionsbeutel) gegeben und sofort verschlossen. Dieser Schritt erfolgt meist in Systemen wie sterilen Isolatoren oder RABS-Systemen, die den direkten Personalkontakt minimieren. Innovative Anlagen wie Blow-Fill-Seal integrieren Behälterherstellung, Befüllung und Versiegelung in einem einzigen, automatisierten Schritt.

Bei diesem Verfahren wird ein Kunststoff-Parison aufgeblasen, mit dem sterilen Produkt gefüllt und dann direkt versiegelt. Durch die Automatisierung bleibt eine Berührung des Produkts mit der Umgebung ausgeschlossen. Stichproben aus jeder Charge werden einer intensiven visuellen und physikalischen Prüfung unterzogen; mangelhafte Einheiten oder ganze Lose werden strikt aussortiert.

Qualitätssicherung und Regularien

Strenge Vorschriften regeln die aseptische Herstellung. In der EU definiert der GMP-Leitfaden Anhang 1 detailliert die Anforderungen für die sterile Arzneimittelproduktion. Jeder Prozess muss qualifiziert und validiert sein (Installation Qualification (IQ), Operational Qualification (OQ), Performance Qualification (PQ)) und ein lückenloses Qualitätssystem (GMP) bilden. Zusätzlich werden im Europäischen Arzneibuch Anforderungen an sterile Ausgangsstoffe definiert, die vor dem Abfüllen sterilisiert werden sollten und während der Herstellung keinen Keimeintrag erfahren dürfen.

Die Überwachung erfolgt kontinuierlich: Luftkeim- und Partikelzähler messen permanent die Reinraumqualität. Zusätzlich werden in definierten Intervallen mikrobiologische Proben aus der Luft und von Oberflächen entnommen. Kritisch sind auch periodische Media-Fill-Tests, bei denen Nährmedien statt Wirkstoffe verarbeitet werden, um die Praxisfähigkeit der Aseptik zu demonstrieren. Nur wenn alle Kontrollen – Herstellungslinien, Reinigungsvorgänge und Endprodukte – die Keimfreiheit bestätigen, erhält ein Produkt die abschließende Freigabe.

Regelmäßige Inspektionen durch Gesundheitsbehörden (z. B. FDA, EMA) überprüfen die Einhaltung dieser Standards. Bei Abweichungen können Korrekturmaßnahmen oder Schließungen folgen. Moderne Anlagen setzen zunehmend automatisiertes Monitoring und Robotik ein, um manuelle Eingriffe und damit das Kontaminationsrisiko weiter zu reduzieren. Automatisierte Systeme unterstützen das kontinuierliche Umweltmonitoring gemäß EU-GMP Annex 1.

Beispiele aus der Praxis

Typische Beispiele für aseptische Produkte sind parenterale Infusions- oder Injektionslösungen, da diese oft nicht nachträglich sterilisiert werden können. Einzeldosis-Augentropfen und Nasenspüllösungen (z. B. Kochsalzlösungen) werden in kleinen sterilen Behältern abgefüllt, häufig mit Blow-Fill-Seal-Anlagen. Auch Impfstoffe, Insulin und andere Biopharmazeutika zählen dazu, da sie hitzeempfindlich sind.

Zudem fallen sterile Nähr- und Spüllösungen, parenterale Ernährung und Biopharmazeutika darunter – während Zytostatika aufgrund ihrer Toxizität zusätzlich hohes Containment erfordern und daher oft unter geschützten, aseptischen Bedingungen (z. B. in Isolatoren) hergestellt werden. In der Kosmetik- und Lebensmittelbranche gibt es ebenfalls aseptische Füllungen, wie etwa sterilisierte Vitamintinkturen oder Probiotika, die nach vergleichbaren, jedoch weniger strengen hygienischen Prinzipien hergestellt werden.